Dr.med. Keuth, 90562 Heroldsberg
Kopie an: Klinikum
Nürnberg
OFA Dr.med. Unkamp, 56064 Koblenz
TA Dr.med.. Heilmann, 97762 Hammmelburg
Tschacher, 90562 Heroldsberg
Medizinische
Klinik 5, Allg. innere Medizin
Institut für Med. Onkologie u. Hämatologie
Klinikum Nürnberg - KNN/II5 90340 Nürnberg Einheit für Knochenmarktransplantation
LEITENDER
ARZT: STELLVERTRETERIN:
Frau Elke und Herrn Karel Tschacher PROF. DR. W. M. GALLMEIER PROF. DR. U. BRUNTSCH
Tel.
(0911) 398-3051 Tel.
(0911) 398-3060
gallmeier@klinikum-nuernberg.de bruntsch@klinikum-nuernberg.de
Tucherstraße
14 b Oberärzte: Telefon email:
PD
Dr. J. Birkmann 3059 birkmann@klinikum-nuemberg.de
Dr.
Chr. Falge 3061
90562 Heroldsberg Dr. G. Groos 3063
Dr.
G. Kaiser 3065 kaiser(@klinikum-nuemberg.de
Dr.
H. Kappauf 3084 kappaufeklinikum-nuemberg.de
Knochenmarktransplantation:
PD
Dr' H. Wandt 3656 wandtektinikum-nuemberg.de
Dr.
K. Schäfer-Eckart 3652 schaefer@klinikum-nuemberg.de
Unser Zeichen: Donner/don Telefax: 398-3416 Telefon:
398-3073 Datum:
15.03.2001
Email:
@klinikum-nuemberg.de
Sehr geehrter Herr Keuth,
wir müssen Ihnen berichten, daß Herr Sebastian Tschacher, geboren am 01.11.1975, aus 90562 Heroldsberg, Tucherstr. 14b, der sich seit 24.12.2000 zum wiederholten Male in unserer stationären Behandlung befand, hier am 21. Februar 2001 verstorben ist.
Diagnosen:
Chronische myeloische Leukämie
Akute Transplant-gegen-Wirt-Krankheit nach allogene Knochenmarktransplantation
Transplantatversagen
Fusarium-Septikämie mit letaler Pleuropneumonie
Onkologische Anamnese:
09/98 Zufallsbefund: periphere Leukozytenzahlen um
165/nI, Thrombozyten: 1 Oe+06/nI.
Leukämie ( Bundeswehr-Kh Koblenz und
Prof. Schaefer, Freiburg # 24614/98 BK).
Weiterführende Diagnostik:
Philadelphia-Chromosom-positive chronische myeloische
Leukämie. Splenomegalie. Einleitung
einer zytoreduktiven Therapie mit Hydroxyurea.
04/99 Normalisierung der peripheren Zellzahlen im
Blutbild. Erfolglose Familienspendersuche für
eine allogene
Knochenmarktransplantation. Kombination der Behandlung durch Hydroxyharnstoff
mit alpha-Interferon.
03/00 Knochenmarkzytologisch CML in chronischer
Phase (5.Med.KNN # Z 765).
Fortgesetzter Nachweis der
Translokation t(9;22) im Karyotyp und des b2a2 BCR/ABL
Transkripts zu 100% durch PCR
(Prof.Hiddemann, München # CFOO-0384): fehlende
cytogenetische Remission, daher
Beendigung der Interferontherapie und Einleitung einer
Knochenmarkfremdspendersuche: ein
Donor mit zwei 'minor mismatches' und
Rhesusinkompatibilität.
08/00 Separation und Kryokonservierung von
autologen Stammzellen des peripheren Blutes als
Rückversicherung (6x1 Oe+06 CD
34-positive und 4x1 Oe+08 mononukleäre Zellen/kg KG)
für die geplante allogene KMT.
Konditionierung durch
Ganzkörperbestrahlung (12 Gy), Cyclophosphamid (11,4 g) und
Antithyrnozytenglobulin (5,6 g).
2.10.2000 Allogene
Knochenmarktransplantation (3,74x10e+06 CD34-positive Zellen bzw. 3,12x10e+08
mononukleäre Zellen pro kg KG) mit
zwei Mismatches (HLA-DR B1 - und -DQ B1) -
Nichtverwandter männlicher
Fremdspender, Blutgruppe 0, Rh pos.-, CMV (1gG)-neg.
Empfänger: Blutgruppe 0 Rh neg.; CMV(IgG)-negativ.
Komplikationen: Opiatpflichtige Mukositis 10, Staphylococcus epidermidis Septikämie, akute GvH-Reaktion (Haut l°, Leber II° und Darm I°) mit
Verzögerung des Engraftments. Myeloregeneration: Lc >1,0/nl und Granuloc >0,5/ni an Tag +30. Thrombozytopoese insuffizient bis zum
fatalen Ausgang. Substitutionsbedarf insgesamt: 117 Tc-, 42 Ery-Konzentrate.
12.00 Therapierefraktäre Diarrhoen, Nachweis von
Adenoviren-DNS in PE der Magenmucosa.
Verdacht auf beginnendes
Transplantatversagen.
Chlmärismus am Tag +98: 97% (FISH,
Dr.Thiede, Dresden # 0220/01).
01.01 Komplette zytogenetische Remission: 46,XY
ohne Ph' (Dr.Eberhard et al., Dortmund
# P 9479-27). Makrohämaturie.
Nachweis von BK-Viren-DNS im Urin.
Staph.epidermidis-Septikämie.
Trilineäre Knochenmarkphthise:
manifestes Transplantatversagen (5.Med.KNN, #17649).
02/01 Wiederholter Nachweis von Fusarium und Candida
krusei (Urin, Glans, Faeces, Sputum,
BAL). V.a. GvH-Reaktion an Leber und
Darm-, Colonbiopsie: ohne pathognomonischen
Befund (Prof.Wünsch, KNN # H 6326).
Pleuropneumonie mit erneutem Nachweis
von Fusarium sowie von Diplokokken durch BAL.
Mehrfache supportive Transplantation
allogener Granulozyten (Spender: Mutter, ingesamt
7,4x10e+10 Zellen) ohne Erfolg.
21.02.2001 Exitus letalis durch
Fusariensepsis mit respiratorscher Insuffizienz
und folgender
Herzkreislaufdekompensation.
Epikrise:
Im September 1998 mußte dem zu jener Zeit 23-jährigen Herrn Sebastian Tschacher bei vollem Wohlbefinden und mit der Leistungsfähigkeit eines Spitzensportlers auf Grund des Zufallsbefundes einer Pleozytose im Blutbild die Diagnose einer chronischen myeloischen Leukämie mit Nachweis der Philadelphia-Translokation bekanntgegeben werden.
Nach Einleitung einer zytoreduktiven Behandlung konnte eine Normalisierung der Zellzahlen im peripheren Blut erreicht werden. Die Familienspendersuche zur Sicherung einer kurativen Therapieoption durch allogene Knochenmarktransplantation scheiterte mangels Erfolg. Daher wurde die zytoreduktive Therapie mit Hydroxyurea durch Gaben von a-Interferon ergänzt. Die davon erhoffte zytogenetische Remission blieb jedoch aus.
Das veranlaßte eine intensivierte Fremdspendersuche, die schließlich zu einem Donor mit eingeschränkter HLA-Identität führte. Damit konnte eine Möglichkeit zu längerfristigem krankheitsfreien Überleben im Bereich von 25 bis 50 vom Hundert nach Transplantation eröffnet werden. Angesichts der verfehlten Remission unter der Interferonbehandlung entschied sich Herr T. nach eingehenden Beratungen mit ihm und seinen Angehörigen zur Nutzung dieser Möglichkeit bei allen wohlerwogenen Risiken.
Nach erfolgter Konditionierung und Übertragung des allogenen Transplantats mit zwei nichtidentischen molekulargenetischen Loci und einer Rhesusfaktor-Inkompatibität wurde eine Anzahl für dieses Verfahren eher geläufiger Komplikationen beobachtet, darunter eine mäßig ausgeprägte akute 'graft versus host disease'. Nach einem stark verzögerten Engraftment um den 36. Tag nach der Markverpflanzung mit anhaltend schwächelnder Megakaryopoese konnte Herr T. in noch verminderter Allgemeinverfassung, aber subjektiv wohlbefindlich nach Hause und in ambulante Betreuung entlassen werden.
Die Beteiligung des Gastrointestinaltraktes an der Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion rückte im weiteren Verlauf in den Vordergrund. Anhaltende Diarrhoen und Nausea beeinträchtigten Nahrungsaufnahme und Resorption der dringend angezeigten Medikation zur Steuerung der GvH-Disposition soweit, daß am Heiligen Abend letzten Jahres eine erneute
stationäre Aufnahme zur parenteralen Versorgung nicht mehr vermeidbar war. Gleichzeitig fiel eine fortschreitende Schwächung der Myelopoese auf.
Obwohl zytogenetisch eine komplette Remission konstatiert werden durfte, mußten wir knochenmarkzytologisch eine Hypoplasie aller Zellreihen bei völligem Fehlen von Megakaryozyten und somit ein Transplantatversagen zur Kenntnis nehmen. Wegen des nachgewiesenen nahezu kompletten Chlmärismus kam eine Anwendung des kryokonservierten Asservats autologer Blutstammzellen als 'rescue' wegen mangelnder Chancen auf ein Engraftment nicht in Frage.
Es stellten sich verschiedene opportunistische Infektionen ein, von denen eine Besiedelung zahlreicher Organe mit Fusarium schließlich mit einer Pleuropneumonie für das klinische Bild bestimmend wurde. Auch wiederholte Transfusionen durch Leukapherese gewonnener Granulozyten von der Mutter des Patienten konnten die weitere Entwicklung nicht beeinflussen. Diese führte zu einer beatmungspflichtigen respiratorischen Insuffizienz und damit zum letzten fatalen Verlauf der hämatologischen Systemerkrankung. Am 21. Februar 2001 verstarb Sebastian Tschacher, 25 Jahre alt, in Gegenwart seiner Angehörigen an der resultierenden Dekompensation von Herz und Kreislauf.
Wir bedauern den unaufhaltsamen Krankheitsverlauf. Herr Tschacher hat uns Zeugen eines bewundernswerten Lebenswillens mit bis zum Letzten ungebrochener Selbstbeherrschung werden lassen.
Mit freundlichen Grüßen